Aggression/Wut

 

 

Plädoyer für eine missverstandene Emotion/ Gefühl 

 

Wut ist eine Form der Aggression, die oft negativ assoziiert wird mit Gewalt, Krieg, Attackieren… und damit wahrscheinlich eines der am meisten missverstandenen Gefühle, weil deren positive Bedeutung als Transformationsenergie, als motivierende Kraft für Veränderung meist ignoriert wird. Der Samurei Begriff von Aggression subsumiert unter letzterem:

 

-        Bestimmtheit zu haben und zu zeigen,

 

-        energisches Durchsetzen eigener Ziele,

 

-        kraftvoll, anspruchsvoll und mutig sein,

 

-        Ambition und Initiative zeigen.

 

Dadurch, dass Wut als Emotion tabuisiert ist, übersehen wir oft, dass wir ein wichtiges emotionales Thema wegschließen. Dr. Harriet Lerner (Tanz der WUT) zeigt, dass Wut eine Emotion ist, die eben einfach ist. Wut ist etwas, das wir fühlen. Damit existiert sie aus einem (biologischen) Grund und verdient unseren Respekt und unsere Aufmerksamkeit.

 

Es ist viel hilfreicher für uns (und auch für unsere Umwelt) lassen wir diese als Kraft zu, die zu mutigen, entschlossenen, engagierten Handlungen führen kann, als diese negativ zu werten und in Folge zu unterdrücken oder zu verdrängen. (Ralph Waldo Emerson: Eine gute Empörung bringt alle unsere Kräfte ans Tageslicht). Spüren wir Wut, wissen wir, dass etwas nicht in Ordnung ist. Vielleicht stellen wir uns gerade nicht einem wichtigen emotionalen Thema in unserem Leben oder unsere Werte sind existentiell gefährdet?

 

Wut ist für viele auf jeden Fall ein schwieriges Gefühl. Die Angst vor Kontrollverlust ist eine fundamentale menschliche Angst. Zeigen wir uns wütend, erleben wir oft Ablehnung und Zurückweisung von anderen. Für manche ist Wut so stark tabuisiert, dass sie gar nicht mehr spüren, ob sie wütend sind. Rageaholics (= Wutoholiker) z. B.  können Wut nicht als Kraft spüren, verlieren dadurch Macht über sich selber und müssen daher umso mehr attackieren.  

 

Dazu kommt, dass Wut destruktiv gesehen wird, verantwortlich für alles, was in der heutigen Welt monströs in Gewalt- Terrorkonflikten Angst macht. Zorn wird mit Verletzung assoziiert, mit Konflikt und Gewalt sowieso. Wut scheint (und das ist auch teilweise erfahrbar) Schaden zuzufügen.

 

Wut ist daher eine Emotion, die eine schlechte Verpackung bekommen hat, wir lernen sie zu unterdrücken, zu verleugnen, ihr auszuweichen, statt sie anzuerkennen und anzunehmen. Viele verbinden mit ihr auch ein Gefühl der Schwäche, schämen sich dafür, wütend zu sein.

 

ü  Verleugnen wir diese Emotion, fühlen wir uns nicht sicher (auch nicht mit Menschen, die wir kennen und lieben).

 

ü  Ohne Aggression gibt es aber keine Bindung, weil wir die Kraft, uns auch abgrenzen zu können, verlieren.

 

ü  Abhängig vom Grad der Sicherheit, die wir empfinden, ist auch unsere Fähigkeit, präsent sein zu können (Selbstverantwortung zu übernehmen).

 

ü  Wut zu unterdrücken, hat auf längere Sicht Auswirkungen auf unseren Körper, unsere Gesundheit (Dr. John E. Sarno sieht dies unter anderem als Wurzel vieler Schmerzsymptomatiken).

 

ü  Entladen von Wut hat genauso Auswirkungen auf unsere Gesundheit. (Dr. Williams Redfords Forschungen zeigen, dass „….20% der allgemeinen Bevölkerung ein Feindseligkeitsniveau hat, das hoch genug ist, um gesundheitsgefährdend zu sein).

 

ü  Menschen, die nicht wahrnehmen können, dass sie durch sozialen Kontakt Unterstützung bekommen – weil sie durch ihre Feinseligkeit andere vertreiben – versagen sich auch die stressreduzierenden Vorteile sozialer Unterstützung durch andere.

 

Wut kann allerdings auch eine Maske für noch schwierigere, schmerzhafte Gefühle sein. Es kann einfacher sein, zornig zu werden und diese Wut auszudrücken, als Angst, Scham, Unzulänglichkeit, Hilflosigkeit oder Ohnmacht zu fühlen.

 

Bei existentiellen Wutgefühlen ist mehr das Reptiliengehirn beteiligt (Desinteresse, Gleichgültigkeit), diese zeigen sich als Wunsch, alles wahllos zu zerstören, gefühlt oft als überwältigende, intensive, unhaltbare Energie, die durcheinanderbringt.

 

Auf jeden Fall ist es entscheidend, zu hinterfragen, was/wo/ der Kern für diese Emotion erfahrbar und somit integrierbar in ein gesamtes emotionales Lebensrepertoire wird, um diese Emotion als Kraft zuzulassen und damit als Destruktion zu verhindern.